Kundgebung am Viktor-Adler-Markt

17.20h: Das reguläre Programm beginnt mit ein wenig Verspätung, aber auch beim Soundcheck sind schon einige Schaulustige stehen geblieben. Auf der Fußgänger_innenzone am Viktor-Adler-Markt sind ca. 500 bis 700 Menschen versammelt, die der Kundgebung folgen. Dazu kommen Passant_innen, die am Rand stehen bleiben und irgendwann weiter ziehen.

Die 30 m2 große offene Bühnenplattform und die 3 m hohe Leinwand daneben wirken schlicht, aber professionell. Trotzdem die Sonne noch nicht untergegangen ist, leistet der große Beamer schon ganze Arbeit. Die eigens für den Anlass produzierten Visuals, die hauptsächlich in verschiedenen Sprachen auf den transnationalen Migrant_innenstreik am 1. März hinweisen, sind auf der Leinwand gut zu sehen. Trotz der Kälte haben wir Glück mit dem Wetter. Kaum Wind, kein Niederschlag und es ist nicht mehr so eisig wie noch vor ein paar Tagen. Trotzdem ist es kalt.

Manche Kundgebungsteilnehmer_innen klagen schon nach der ersten halben Stunde darüber, dass sie sich von der Sonne haben täuschen lassen. Auf die Eröffnungsrede, die den 1. März als Tag des transnationalen Migrant_innenstreiks thematisiert, folgt der erste Musikblock. Den Veranstalter_innen war wichtig, die Musiker_innen nicht wie üblich für ein Lied auf die Bühne zu bitten. Vielmehr sollen die Musikbeiträge länger dauern, um die Kundgebung für die Passant_innen attraktiver und den Zugang zu den Redebeiträgen niederschwelliger zu machen. Das gelingt in der ersten Phase, wo noch viele Menschen am Markt sind, ganz gut. Es bleiben doch einige Menschen etwas länger an den Rändern hängen. Da nicht nur die Moderator_innen und die Redner_innen sondern auch die Musiker_innen es sich nicht nehmen lassen, auf den politischen Kontext hinzuweisen, gibt es seitens der Passant_innen keine Fragen mehr, was das denn für eine Veranstaltung sei. Manche studieren auch die rund um die Bühne aufgestellten Schautafeln. Die Volxküche, die anfangs neben der Bühne postiert war, verlagert ihren Standort hinter die Zuschauermenge. Nach dem Sazspieler Düzgün Celebi und seiner Band folgt ein Block mit Reden

  • zu Arbeit und Streik aus der Sicht eines Betriebsrates samt kritischem Blick auf die Gewerkschaften,
  • zu Asyl und Legalisierung samt Kritik an der neuerlichen Verschärfung des Asylrechts
  • zu Bildung

Der zweite Musikblock wird vom Chor 29. Novembar bestritten, der Lieder in mehreren Sprachen zum besten gibt, u.a. "Die Arbeiter von Wien". Dann folgen wieder Reden

  • zur geplanten Fremdenrechtsnovelle, die massive Verschlechterungen auch für lang in Österreich aufhältige Migrant_innen vorsieht und den Zugang zur österreichischen Staatsbürger_innenschaft erschwert.
  • zum Ineinanderwirken der unterschiedlichen Unterdrückungssysteme wie Rassismus, (Hetero-)Sexismus und Klassismus
  • zum Belastungspaket, der Krise und der sozialen Frage.

In dieser Phase der Kundgebung ab ca. 19.00h bleiben kaum noch Passant_innen stehen. Die meisten Geschäfte rundherum sind geschlossen. Und es ist kalt. Dementsprechend leert sich die Fußgänger_innenzone. Auch manche von uns suchen zwischenzeitlich etwas Wärme in umliegenden Lokalen.

Der dritte Musikblock widmet sich dem Rap: Item7, Daniel und Kid Pex heizen dem Publikum trotz der Kälte ein.

Vor dem letzten Musikteil fallen einige Reden aus, was zu dieser Zeit von den meisten Beteiligten eher mit Erleichterung aufgenommen wird. Es gibt nur eine Rede zu Migrationsbedingungen und sexueller Orientierung. Die Moderation lädt zu den Afterparties in den nahe gelegenen Räumlichkeiten von Atigf und Planet10 ein und weist darauf hin, wie es nach dem 1. März mit den politischen Aktivitäten weitergehen wird. Die geplanten Live-Schaltungen nach Italien und Frankreich funktionieren leider nicht, was von den Moderator_innen überbrückt wird.

Zuletzt spielen Vlada Divljan & fatal kissuti Songs von Idoli. Diejenigen, die so lange ausgehalten haben, erleben einen mitreißenden Gig, bei dem die geschrumpfte Menge ausgelassen zu tanzen beginnt.

Pünktlich um 20.30h ist das Programm zu Ende. Die Bühne wird in Windeseile von vielen helfenden Händen zerlegt und verladen. Um 20.50h ist der Platz wieder so leer wie an einem normalen Abend. Die meisten Leute, die bis zum Ende geblieben sind, sehen sich bei den Afterparties wieder, wo noch bis spät in die Nacht gefeiert, gegessen, getanzt, getrunken und diskutiert wird.